Trotz des langen Schultags, der gerade hinter ihm liegt, kommt seine Freude an diesem Nikolaustag wie immer von Herzen. Sie in Worte zu fassen, das kann der Elfjährige allerdings nicht. Ben hat eine eigene Art, eine eigene Gestik entwickelt, sich mitzuteilen und seine Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Gemeinsam mit Verwandten und Freunden, dem jüngeren Bruder Mats, der sechsjährigen Ukrainerin Kira und dem elfjährigen ebenfalls behinderten Freund Vincent haben sie sich in der guten Stube des Hauses Kirsch in Mulartshütte versammelt, um den Nikolaus und seinen Begleiter Hans Muff zu empfangen.
Pünktlich klingelte das vorweihnachtliche Duo mit dabei ein großer Sack voller Überraschungen und Geschenke. Nikolaus nahm in einem breiten Sessel Platz, Hans Muff an seiner Seite. In seinem Goldenen Buch war jedem der Kinder ein kleines Kapitel gewidmet, viel Lob und nur ganz wenig Tadel - wenn überhaupt. So konnte erste ängstliche Distanz ganz schnell einer vertrauten Nähe weichen.
Über gleich zwei Geschenke durfte sich Ben Kirsch an diesem Nachmittag freuen: Ein Lego-Auto und ein T-Shirt, das vorne mit einem Delfin bedruckt und hinten mit acht Weihnachtskugeln gestaltet ist. Die Kugeln wiederum sind mit acht verschiedenen Logos versehen, die von acht meist Eifeler Unternehmen stammen. Sie alle sind die „Sponsoren“ für eine Reise, die Ben und seine Familie in die Karibik führt.
Ben ist seit Lebzeiten mehrfach behindert und an den Rollstuhl gefesselt. Eine Delfin-Therapie auf Curacao, die Ben ein Stückchen weiter bringen kann, war der größte Wunsch. Dank dieser Spendenbereitschaft rückt das Ziel nun greifbar nah. Sehr zur Freude von Mutter Steffi Kirsch, die von diesem Geschenk völlig überrascht wurde. Ihr fehlten nach der Bescherung einfach die Worte.
Dass die beiden Besucher derart außergewöhnliche Präsente im Gepäck haben, kommt nicht von ungefähr. Denn in den Mänteln von Nikolaus und Hans Muff stecken zwei langjährige Freunde, die seit vielen Jahren zugunsten von Kindern und Jugendlichen spenden. Als die beiden nun vom Spendenaufruf aus dem Hause Kirsch erfuhren, war für den Konzener Garten- und Landschaftsbauer Bernhard Pauls und Torsten Müller, Chef der Bauunternehmung Förster, klar, dass sie helfen möchten. Sie griffen zum Hörer und mobilisierten sechs weitere Unternehmen. Nicht einmal zwei Tage benötigten die beiden Freunde, um die Summe für eine Delfin-Therapie zusammenzutragen. Gefreut hat es die beiden ganz besonders, dass sie bei den anderen Firmen schnell auf offene Ohren stießen.
„Uns geht es gut, unseren Kindern ebenfalls. Da kann man auch gerne abgeben und teilen“, ist Spendenbereitschaft für Torsten Müller und Bernhard Pauls eine völlig klare Sache. „Der Kontakt zu den Menschen, denen wir helfen, ist etwas Besonderes und uns bei solchen Aktionen wichtig“, fügt Bernhard Pauls - ebenfalls Familienvater - hinzu.
Vor allem Kindern und Jugendlichen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens, stehen, greifen die beiden unter die Arme. Eine Gruppenfahrt mit der ABK ins Phantasialand wird im nächsten Monat gestartet. Ein Ausflug mit der Eicherscheider Förderschule in den Kölner Zoo stand im vergangenen Jahr auf dem Touren-Plan. Begeistert sind Bernhard Pauls und Torsten Müller auch von der Roetgener Spendenwanderung zugunsten der Kinderkrebsstation in Aachen. Am 13. April kommenden Jahres zählt wieder jeder Kilometer, der ab Vogelsang Richtung Roetgen zurückgelegt wird - mehr als 40. Dieses Datum haben Pauls und Müller bereits dick und rot im Kalender angestrichen. Das Schicksal von Ben und seiner Familie berührt die beiden seit vielen Jahren. Als nun der Spendenaufruf von Steffi Kirsch per Mail bei Bernhard Pauls landete, stand eine Unterstützung der Delfin-Therapie für die beiden Unternehmer außer Frage. Ohne weitere Details zu nennen, haben sie dann zurückgemailt und lediglich noch die Zusage gemacht, gerne am Nikolaustag als Nikolaus und Hans Muff zu erscheinen. Dem Aufruf war ein Porträt von Ben beigefügt, von Mutter Steffi verfasst. Sie beschreibt Ben, der bei der Geburt eine Unterversorgung an Sauerstoff erfuhr, der tagsüber ausschließlich im Rollstuhl sitzt, der gelegentlich seine fünf Minuten hat, der gerne Tiere beobachtet und mit Lego baut. Sie beschreibt auch ihren ganz persönlichen Alltag, dass sie langsam an ihre körperlichen und finanziellen Grenzen stößt und vor allem auf eine Delfin-Therapie setzt, die im Bereich der Cerebral Parese bereits viele Erfolge erzielt hat.
Dass dieser Erfolg - und wenn er noch so klein ist - auf Ben ebenfalls zutrifft, ist ihm, seinem Bruder Mats und Steffi Kirsch nur fest zu wünschen.
(Michaela Leister)
