Gasthaus Breuers Häuschen: Ein Hauch Südtirol in Düren

Mit Armin Bongartz hat das Breuers Häuschen wieder eine Seele. In der Küche setzt er auf konsequente Regionalität, Saisonalität, Kreativität und Abwechslung.
Zünftig: Alle Servicekräfte im Breuers Häuschen sind neuerdings im Dirndl gewandet, der Patron selbst in Lederhosen. Fotos: J. Müller-Beuermanns

Es war einmal ein Junge aus Birgel. Gemeinsam mit seinem Vater ging er gerne zum Muschelessen ins Breuers Häuschen. Im Gürzenicher Gasthaus hatte Gertrud Engelmann, genannt Dröck, das Sagen. Exakt 25 Muscheln machten bei ihr eine Portion aus, was der Vater des Jungen penibel kontrollierte. Just verzehrt, legte er die Schalen am Tellerrand säuberlich ineinander und zählte: es waren nie weniger als 25. Was der Vater schade fand, hätte er die Wirtin doch zu gerne spaßeshalber herausgefordert. Sie war dafür bekannt, nicht auf den Mund gefallen zu sein.

Fast ein halbes Jahrhundert später hält es der Sohn beim Muschelessen wie der Vater einst: Ordentlich legt er die Schalen am Tellerrand ineinander. Und noch immer heißt das Gasthaus Breuers Häuschen. Nur, dass es keine Wirtin mehr hier gibt, sondern einen Wirt - der 12-Jährige von damals. „Ich wäre froh, wenn mein Vater noch leben würde und sehen könnte, dass sein Sohn hier arbeitet", sagt Armin Bongartz. Wehmut schwingt in den Worten mit. Denn Hermann-Josef Bongartz wäre mächtig stolz. Und Sohn Armin würde das genießen. Haben sich mit seiner Übernahme von Breuers Häuschen doch einige Kreise geschlossen.

Armin Bongartz hat im Februar 2020 nach vielen Lebensschleifen und beruflichen Stationen in alpenländischen Tophäusern zurück in die Dürener Heimat gefunden und sich als Gastronom im Breuers Häuschen selbständig gemacht. Die schmucke Oase der Gastlichkeit mit markantem Fachwerk, warmer Holzvertäfelung und bunter Bleiverglasung an der Valencienner Straße gilt als älteste Restauration der Stadt. Pächter hat das im Jahr 1800 gebaute Haus seit Engelmanns Dröck noch viele gehabt. Aber wenige hatten es nach ihrer Ära geschafft, dem Betrieb nochmal eine Seele einzuhauchen. Seit Armin Bongartz ist das anders. Er warf allen Tand, den er vorfand, hinaus, wischte jede Form von Spießigkeit und Muff von den Tischen, und gab dem authentisch-rustikalen Charme der Gaststube durch bewusstes Weglassen von Gedöns und Plastik einen angenehmen Frischekick.

In der Küche setzt er auf konsequente Regionalität, Saisonalität, Kreativität und Abwechslung. „Wir bieten Hausmannkost auf hohem, manchmal sogar sehr hohem Niveau - mit starkem Südtiroler Einschlag, eine Reminiszenz an meine Vergangenheit", sagt Armin Bongartz. Auf der Karte führt er viele Schmor- und Bratengerichte auf, aber auch Vegetarisches oder Veganes. ,,Die Leute haben unser Konzept sofort angenommen, das einzige Restaurant mit gutbürgerlicher Küche zu sein, das ohne Pommes auskommt - aber nicht auf frische und regionale Zutaten verzichten kann".

Der 60-Jährige beschäftigt inzwischen eine ansehnliche Truppe von 15 Personen, darunter ukrainische Mitarbeiter, die vor dem Krieg gegen ihr Land geflohen sind. Sie alle sorgen dafür, dass die Kundschaft sich wohl fühlt - ob im Gastraum innen oder bei schönem Wetter im Biergarten unter großen beigen Sonnenschirmen umringt von Geranien. Wenn das Wetter sonnig und mild ist, könnte hier schon das Dreigang-Festtagsmenü zu Ostern oder Pfingsten (beispielsweise mit Lamm und ,,weißem Gold" vom Spargel-Hof Lövenich) serviert werden, oder die speziellen Wochenendmenüs und Gerichte mit frischem Fisch (etwa vom Forellenhof Balzer), die von freitags bis sonntags zusätzlich zu den A-la-Carte-Speisen angeboten werden. Für Abwechslung sorgen zudem All-you-can-eat-Themenabende wie der am letzten Montag im Monat, an dem es Würstchen bis zum Abwinken gibt. Acht verschiedene Sorten kommen dann aufs Stövchen am Tisch; die Beilagen gibt es vom Büffet. Ähnlich geht es an jedem ersten Dienstag im Monat zu. Dann gibt es ,,Reibekuchen satt". Begehrt ist auch die Karte mit den ,,Heißen Beinen". Sie listet herrliche Schenkel-Kreationen von Ente über Lamm bis Spanferkel auf, nach denen sich die Gäste buchstäblich die Finger lecken. An Ideen mangelt es Armin Bongartz also nicht. An Elan auch nicht. Und auf den Mund gefallen ist er sowieso nicht. Er freut sich, dass sein Laden brummt. ,,Nach drei Jahren kann ich sagen: Ich bin angekommen. Ich fühle mich hier zuhause. Wir sind eins, das Breuers Häuschen und ich - auch in der öffentlichen Wahrnehmung."

Bongartz ist allerdings nicht nur Koch und Gastronom, sondern auch Buchautor. Sein Werk über die Geschichte des unter Denkmalschutz stehenden Breuers Häuschen ist vergangenes Jahr zum 222-jährigen Bestehen des Gasthauses erschienen. Für dieses Jahr hat er sich ein neues Projekt vorgenommen. „Ein Koch auf dem Jakobsweg" wird sein nächstes Buch heißen und die Erfahrungen bündeln, die Bongartz auf dem Pilgerweg gemacht hat. Den ist er insgesamt elf Mal gelaufen. „Das Buch wird eine Mischung sein aus Reiseführer zu den Highlights, Rezeptauswahl zu typischen Gerichten und Gedankensammlung zu Ernährung, Diäten und Allergien", verrät Bongartz.