Pro Quadratkilometer gesehen, verfügt Belgien über die meisten Schlösser weltweit. Allein in der Nähe der Maas befinden sich rund 60. Darunter das Schloss von Vêves. Einige davon sind in Privatbesitz und nicht zu besichtigen, andere wiederum können mit Führungen besichtigt werden, auch ihre prächtigen Parkanlagen. Andere wiederum sind Schlosshotels mit Gastronomie.
Bei Vêves darf man getrost das Klischee bedienen, dass es wie aus einer Ritterlegende aufzutauchen scheint. Genau diesen Eindruck erhält man, wenn man es erblickt. Vor allem, wenn man sich vom Tal aus nähert und staunend den Blick nach oben richten muss, um es auf seiner Anhöhe zu entdecken. Es wurde auf einem schroffen Felsvorsprung errichtet über den Tälern der Mirande und des Ry de Vêves. Es sind zweifelsohne die fünf Türme mit ihren schiefergrauen Zipfeldächern, die dem Schloss den Hauch der Legende verleihen,vier davon sind mehr oder weniger den vier Himmelsrichtungen gemäß positioniert. Der interessanteste ist der fünfte mit acht Metern Durchmesser und 38 m Höhe, der den Eingang des Schlosses schützt.
Man erreichte das Schloss über einen steilen Pfad, dessen Steigung man mit und mit abminderte, somit wurde sowohl für die Kutschen von damals als auch für die Fahrzeuge von heute die Zufahrt möglich. Das Schloss ist das Refugium der Familie Liedekerke-Beaufort seit dem zwölften Jahrhundert. Mit dem Wiederaufbau im 15. und 16. Jahrhundert erhält das Schloss einen zusätzlichen Wohntrakt und eine besonders schöne Innenhof-Galerie aus Fachwerk.
Das Schloss von Beloeil im Hennegau ist eine der wenigen echten Prachtresidenzen in der Wallonie. Es könnte ohne weiteres auch an der Loire stehen. Es ist seit 1394 untrennbar mit der Geschichte der Familie der Fürsten von Ligne verbunden, die noch heute das Schloss bewohnt. Zu den bekanntesten Persönlichkeiten seiner Zeit gehörte der weltoffene Charles-Joseph Lamoral, Prince de Ligne, (17351814). Ein Rokokofürst und „Prince Charmant“, der einen Gedankenaustausch mit Berühmtheiten seiner Zeit unter anderem mit Voltaire, Rousseau, Friedrich dem Großen und Goethe pflegte.
Die französischen Gärten (25 ha) zählen zu den schönsten in ganz Europa. Ihnen verdankt Beloeil seinen Beinamen „Versailles des Nordens“, das prädestiniert ist für Events im fürstlichen Rahmen wie der Amaryllis Blumenausstellung. Beeindruckend ist der See mit 453 Metern Länge und 130 Metern Breite mit der kunstvollen Figurengruppe des Neptunbrunnen. Heute umfassen die Hagebuchenhecken (die sechs Meter Höhe erreichen) der Gärten insgesamt eine Länge von zehn Kilometern. (Rolf Minderjahn)