Hoch hinauf zu den Carillons

Mechelen mit rund 300 Renaissancebauten ist eine eher unbekannte Schöne.
Vom Turm der Kathedrale St. Rombouts hat man einen fantastischen Blick. Foto: R. Minderjahn

Man kommt immer mehr ins Staunen, wenn man über das „platte Land" der flämischen Region Antwerpen auf die weithin sichtbare Silhouette des Turms der Kathedrale St. Rombouts in Mechelen zusteuert. Ein monumentales, filigranes Meisterwerk der Gotik, das wie ein Leuchtturmriese in der Landschaft steht und als Glockenturm Weltkulturerbe ist (ebenso wie der Beginenhof). Er sollte mit 167 Metern einmal der höchste Kirchturm der Welt werden, aber aufgrund klammer Kassen mussten die Mechelener bei 97 Metern den Bau stoppen. Es entstand der Turm ohne Spitze. Den Weg in den Himmel bis auf 97 Meter muss man einfach gehen.

Den Mond löschen

Der Rundblick vom "Skywalk" aus, der gläsernen Plattform, ist fantastisch (man sollte aber schwindelfrei sein). Bei gutem Wetter erkennt man das silbern glänzende Atomium von Brüssel und den Hafen von Antwerpen. "Dieser Belfried ist seit jeher so faszinierend, dass wir sogar einmalden Mond löschen wollten“, erzählt die Stadtführerin "An einem neblig, düsteren Januarabend, dem 27., im Jahre 1687, verließen zwei Männer angeheitert ein Gasthaus am Markt und schauten entsetzt auf den Romboutsturm im Rauch. ,Feuer, Feuer, der Turm brennt riefen sie. Die Bewohner schleppten sofort Wassereimer auf den Belfried, um den Brand zu löschen. Doch es gab kein Feuer. Der rotglühende Mond und der Nebel hatten diese Täuschung bewirkt.“ Noch heute nennt man sie die ,Maneblusser' (Mondlöscher). Den gleichen Namen trägt eine mondförmige Schokoladenpraline, die als Mechelner Spezialität gilt.

538 Stufen führen auf den Turm, unterbrochen durch sechs große Etagenräume, in denen man auf Bänken verschnaufen und durch Glas einen Blick ins Innere der kathedrale werfen kann. Der Höhepunkt: das Uhrwerk und gleich zwei Carillons mit je 49 Glocken, einmalig. Mechelen ist Heimat einer berühmten Glockenspielerschule. Sie wurde 1922 von dem Glockenspieler Jef Denyn gegründet. Heute ist sie die älteste und größte Glockenspielschule der Welt. Die Glockenspielerschule kann mit Reservierung besichtigt werden, über Tourismus Mechelen. Die Stadt ist ein einziges Sinneserlebnis und überschaubar, mit romantischen Anklängen und enormer Aufenthaltsqualität. Der großartige Stadtpalast aus der Renaissance mit Museum, Hof van Busleyden, (es gibt rund 300 Renaissancebauten in der Stadt, darunter das Palais Margarete) lässt die goldene Zeit Mechelens wieder aufleben, der Stadt der Margarete von Österreich und Hauptstadt der Burgundischen Niederlande. Die burgundische Lebensart spürt man noch heute.

Delikatessen

Beispielsweise in De Vleeshalle aus dem Jahr 1881, einem Paradies für Foodies. Denn Mechelen ist ein Mekka des guten Essens. "ShopTaste-Meet“ heißt ein Konzept für Stadtführungen. Der Spargel aus der Region Mechelen gilt als einer der besten. „Mechelse witte", der weiße Spargel, ist über die Grenzen hinaus genauso bekannt wie das berühmte Mechelner Hähn, Mechelner Kuckuck genannt (ndl. Mechelse koekoek, frz. Coucou de Malines), und das mehrfach ausgezeichnete Gouden Carolus Bier aus der Brauerei Anker, einer der ältesten im Betrieb befindlichen Brauereien Belgiens aus dem 15. Jahrhundert. So werden Mechelener Hähnchen mit einer feinen Carolus-Bier-Jus, Spargel und belgischen Grenaille-Kartoffeln zur köstlichen Komposition lokaler Herkunft. (Rolf Minderjahn)

Weitere Informationen:

visit.mechelen.be/de/glockenspielerschule

hofvanbusleyden.be devleeshalle.be
visitflanders.com