Jahr um Jahr erleben die allermeisten von uns Urlaube und Feiertage als wohltuende Unterbrechung unseres Alltags. Wir versuchen zur Ruhe zu kommen und nehmen uns Zeit für Familie und Freunde. Wir gönnen uns eine gedankliche Auszeit von den vielen Fragen, die im Privat- und im Berufsleben unsere Aufmerksamkeit fordern.
Keine einfache Zeit
Für Trauernde sind Feiertage seit jeher eine Herausforderung. Wer den Verlust eines geliebten Menschen verarbeitet, der fühlt sich im üblichen Rummel und angesichts der allgemeinen Vorfreude oft fehl am Platz. Insbesondere das erste Fest ohne einen nahen, vielleicht sogar ohne den nächsten Menschen ist für viele Trauernde eine emotionale Belastung. Mancher sucht vielleicht gerade den Anschluss und möchte die Feiertage in Gesellschaft verbringen; mancher ist lieber alleine mit sich, seinen Gedanken und Erinnerungen.
„Die Frage, ob sich ein Verlust ohne diese Ausnahmesituation anders angefühlt hätte, wird viele Trauernde noch lange beschäftigen. Doch insbesondere während der Feiertage sollten Familie und Freunde sich die Zeit nehmen, Trauernden in ihrem Schmerz ganz individuell beizustehen. Wichtig ist, offen darüber zu sprechen, was dem Einzelnen hilft, und Räume zu schaffen, in denen Trauer auch als tröstend und heilsam empfunden werden kann", sagt Stephan Neuser, Generalsekretär des Bundesverbandes Deutscher Bestatter.
Für Dr. Simon J. Walter, der Kulturbeauftragter Stiftung Deutsche Bestattungskultur, sind die individuellen Formen und Wege der Trauer entscheidend: „Die Trauer jedes Einzelnen sieht anders aus, braucht ihre eigene Zeit und ihren eigenen Raum. Gerade in der gesellschaftlichen Ausnahmesituation, in der wir uns aktuell befinden, bieten Feier- und Urlaubstage die Möglichkeit, gedanklich einen Schritt zurückzutreten und innezuhalten. Was tut mir gut in meiner Trauer? Wie kann ich anderen in ihrer Trauer beistehen? Und wie kann ich einen Abschied, der mir durch die Pandemie verwehrt worden ist, vielleicht auf ganz eigene Weise nachholen - oder meinen Nächsten auf einem solchen Weg begleiten?" Die Antworten auf diese Fragen kann jeder nur selbst geben. Dass diese Feststellung uns heute selbstverständlich scheint, dokumentiert ein Stück weit den Wandel unserer Bestattungs- und Trauerkultur. (akz-o)