Zugegeben, zunächst erscheint es etwas seltsam, zu sehen, wie in Ghana eine Beerdigung abläuft. Mit Trauer scheint es auf den ersten Blick wenig zu tun zu haben, wenn Gäste in leuchtenden Farben zu lauter Musik am Sarg tanzen. Und doch: Auch hierzulande gibt es längst alternative Beerdigungen, die auch das Leben feiern. „Ich habe schon erlebt, wie mit Feuerkorb, Gitarre und Urne am Strand gefeiert wurde. Oder am offenen Sarg in einer Hochzeitslocation“, berichtet Bestatterin Nadine Weske, die sich jedoch lieber „Abschiedsplanerin“ nennt. Passend zu dem, was sich viele ihrer Kunden inzwischen zum Ende ihres eigenen Lebens oder dem ihrer Angehörigen wünschen: ein Abschieds- oder Lebensfest.
Lebensfilm zu Popcorn und Urne:
So habe ein ALS-Patient, der nicht mehr lange zu leben hatte, noch eine „richtig dicke Party“ gefeiert. „Die Stimmung war toll, er wurde auf die Tanzfläche geholt, alle haben um ihn herum getanzt und geweint - gleichzeitig“, schildert sie. Auch in einem Kinosaal habe sie schon einmal für eine Filmemacherin ein Abschiedsfest organisiert: „Da stand dann die Urne vorne, es wurde ihr Lebensfilm gezeigt und dazu gab es Popcorn. Für den Bundesverband Deutscher Bestatter (BDB) sind Veranstaltungen wie diese längst keine Überraschung mehr. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Feuerbestattung mit rund 72 Prozent inzwischen die häufigste Bestattungsart sei. „Dadurch ergeben sich neue Orte, an denen Trauerfeiern stattfinden können - auch dies ändert viele Zeremonien“, sagt Sprecherin Elke Herrnberger.
„Zieht fröhliche Kleidung an!“
Die Trauerkultur entwickele sich neu. „Viele möchten sich nicht mehr in ein schwarzes Korsett pressen lassen, sondern auch mit jenen alltäglichen und bunten Symbolen Abschied nehmen, die eh zum Leben gehörten“, registriert Birkholz. Gerade in der homosexuellen Szene sei man es gewohnt, Konventionen zu brechen. Auch bei Bestattungen. Und auch verwaiste Eltern täten dies oft: „Sie bemalen Särge, lassen bunte Ballons steigen oder grillen auf dem Friedhof.“
Mit Skeptikern reden:
Was aber, wenn es Angehörige oder Freunde gibt, die empört über diese neue Art der Trauer sind? „Im Zweifelsfall muss man durch diesen Konflikt durch“, sagt Birkholz. Wichtig sind der Mediatorin jedoch auch Gespräche, in denen die Bedenken ernstgenommen werden. Denn das könne helfen. „Oft lassen sich Skeptiker gewinnen, wenn sie merken, dass es darum geht, dem Verstorbenen gerecht zu werden. Auch Nadine Weske stößt mit ihrer Gestaltung der Abschiedsfeiern nicht nur auf Begeisterung. „Das gehört sich nicht“, hieße es manchmal. „Dann frage ich immer: Aber was genau denn nicht? Denn den letzten Wunsch eines Menschen umzusetzen und ihm ein schönes Fest zu bereiten, da kann ja keiner etwas dagegen haben.“ Wie sie selbst ihre eigene Trauerfeier gern hätte, überlegt sie noch. Weil sie voller Tatendrang sei, alles in der Welt einmal gesehen zu haben, würde sie sich wünschen, dass ihre Asche verteilt wird. „Das wäre schön, wenn jeder ein Stückchen von mir mit in den Urlaub nimmt“, sagt sie. Für die Feier selbst bräuchte sie „kein großes Tamtam“. Nur bunt sollte es sein. „Und am liebsten mit Motto.“ Etwa so: „Komm' wie du bist und feiere das Leben.“
(dpa)